Die Löwen Apotheke im Wandel der Zeit

Die Entstehung der Apotheke ist ein interessantes Kapitel in unserer Stadtgeschichte. Apotheker Heinrich Werner Brückner hatte zum 300. Jubiläum im Frühjahr 1927 die Schaufenster festlich dekoriert und Urkunden ausgestellt, die auf dieses Ereignis hinwiesen. Heimatforscher Oberlehrer Robert Hiller nahm dies zum Anlaß, um Nachforschungen darüber anzustellen.

 

Zunächst zitierte er den Chronisten Johannes Conrad Knauth, der 1721 folgendes schrieb: "Die Apotheke ist hiesigen Ortes etwas spat aufgekommen, indem man weyland dergleichen Hülfs-Mittel im benachbarten Closter-Celle bey den Ordenbrüdern und bewährte Arzneimittel nach der Reformation von Döbeln in kurzer Zeit hat haben können. Die erste formale Apotheke soll allhier umbs Jahr 1620 Johann Zimmermann im Eckhaus an der Döbelischen Gasse (Eckhaus der Lommatzscher Straße, gegenüber Bäckerei Bernstein) mit einem medizinischen Garten dabey angelegt haben. Johannes Zimmermann war schon 1626 Ratsmann in Roßwein". Von den Erben erkaufte Elias Sattler diese Offizin und verlegte sie in ein großes, steinernes Haus am Unteren Markte, wo noch heute Sitz der "Löwen-Apotheke" ist. Nach dem Tode Sattlers führte die Witwe die Apotheke weiter, hatte aber große Streitigkeiten mit dem Konkurrenten Samuel Petermann, welcher vor hatte, am 2l. März 1671 die Apotheke des verstorbenen Elias Sattler durch Kauf oder Pacht in seine Hände zu bringen. Petermann hatte zunächst einen Material-Cram-Laden in der Nossener Straße eingerichtet, sich aber nach und nach auch Arzneimittel zugelegt, obwohl er gar kein Provisor (Verwalter einer Apotheke) gewesen war, sondern nur als Verkäufer gedient hatte. Die Witwe beabsichtigte jedoch nicht, die Apotheke aus der Hand zu geben. Sie wehrte sich tapfer und reichte ein Bittgesuch an den Kurfürsten auf Erteilung eines Privilegs (ausschließliches Recht) ein. Petermann, der ebenfalls um ein Privileg nachgesucht hatte, antwortete mit einer
neuerlichen Eingabe, der von der Witwe Sattler wieder die Gegen-Eingabe folgte. Das Fazit des Streites war, dass beide kein Privileg vom Kurfürsten erhielten. Inzwischen hatten sich in Ermangelung eines gehörigen Privilegs weitere Apotheken niedergelassen,was dazu führte, daß zeitweise in Roßwein 4 Apotheken bestanden: die sogenannte “Alte Apotheke“ (die Sattlersche, heutige "Löwen-Apotheke“) am Markt, Anno 1670 Petermannische in der Nossener Straße; Anno 1690 die Möstelische im Handwerkerhaus (Klosterkeller) und Anno 1717 die von Christiano Matthia Pohlen. Berolensis (aus Berlin). Im Jahre 1687 stellten Maria Barbyn, verwitwete Sattler, Erbin und Besitzerin der "Löwen-Apotheke", und Susanna Martha Petermannin, Witwe des erwähnten Petermanns, ein gemeinsames Gesuch um die Erteilung von Privilegien für ihre beiden Apotheken. Die Eingabe ging von Dresden zunächst
zum Amtsschösser nach Nossen, der vom Rat zu Roßwein ein Gutachten anforderte. Aus der Antwort des Rates geht hervor, daß das Jahr 1627 als das Gründungsjahr der "Löwen-Apotheke" anzusehen ist. Wiederum wurden keine Privilegien ausgestellt.

 

1805 hatte sich die Zahl der Apotheken auf zwei vermindert. Es bestanden die "Löwen-Apotheke" unter Erdmann Fink rechts und die "Engel-Apotheke" unter ihrem Besitzer Gottlob Friedrich Fickenwirth links vom "Rheinischer Hof". Erneut entspann sich ein Streit um die Privileg-Erteilung. Diesmal fiel die Entscheidung, daß beide Apotheken ein Privileg erhielten. Sie hatten einen jährlich zu leistenden Canon (Abgabe) in Höhe von 3 Talern, halb zu Walpurgis und halb zu Michaelis an das Rentamt Nossen zu zahlen. Bei der geringen Höhe der Abgabe hatte man berücksichtigt, daß es in der abgebrannten und dadurch verarmten Stadt Roßwein kaum möglich sein würde, mehr zu zahlen. Am 8.Februar 1808 wurden endlich vom König Friedrich August die erbetenen Privilegien in Gnaden erteilt und durch Unterschriften beider Apotheker anerkannt. Die Kosten beliefen sich für jeden auf 61 Taler, 6 Neugroschen und 6 Pfennige, die an die Königl.Sächs.Kanzlei zu zahlen waren.

 

1820 kaufte Apotheker und Bürgermeister Carl Friedrich Müller die "Löwen-Apotheke". Die "Engel-Apotheke" wechselte öfters den Besitzer. 1814 übernahm sie Christian Carl Ludwig Schlegel, der neben der Pharmazie noch etliche Nebengeschäfte betrieb, so Handel mit Material- und Farbwaren sowie Wein- und Bierausschank. Auch hatte er ein öffentliches Billard aufgestellt und in den großen Räumen der 1. Etage Bälle veranstaltet.

 

Am 30. Juni 1838 wurde Apotheker Carl Friedrich Müller die Genehmigung erteilt, beide Apotheken zu vereinigen. Sein Sohn Robert Wilhelm Müller war Besitzer bis zum 8. Januar 1881. Danach folgten mehrere Eigentümer-Wechsel, bis am 9. September 1896 Heinrich Rudolf Brückner die "Löwen-Apotheke" erwarb. Er starb 1916. Am 28.Februar 1927 übernahm sein Sohn Heinrich Werner Brückner die Apotheke, ihm folgte Apotheker Johannes Friebe. Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Apotheke verstaatlicht und Herr Lißner, später Herr Wirth als Apotheker mit der Leitung beauftragt.

 

Ab 1966 leitete Frau Pharmazierat Christa Zieger die Apotheke, die 1990 privatisiert und von Apotheker Dr. Koch übernommen wurde. Von ihm erwarb Frau Apothekerin Andrea Bachmann 1992 die "Löwen-Apotheke".

 

Erstellt von Günther Hanisch aus Quellen: Robert Hiller: "Unsere Heimat“ 1928 Verlag J.H.Pflugbeil
Historische Fotos von Foto-Hanisch Roßwein / Bildbearbeitung "Foto1" Mario von Oculario